Nie wieder frieren in der Stadt des Winters

Wenn es nach Kohleofenbrand riecht und von Moskau her der kalte Ostwind die Stadt mit winterlichen Eishänden packt, wird es in Berlin ungemütlich. Besonders, wenn es temperaturtechnisch sogar für Schnee zu kalt ist, der die grauen Häuser und kahlen Bäume in weißflockige Watte packen könnte. Peter Fox hat es auf den Punkt gebracht: Dann tut Berlin weh. Die Gänsehaut wird zum unerwünschten Accessoire und der Klang klappernder Zähne wird Teil der morgendlichen Geräuschkulisse beim Warten auf die Öffentlichen. Wir setzen unsere wärmsten Gedanken daran, dass Dich der Winter nicht kalt erwischt. Und weil wir wissen, dass dies allein nicht hilft, haben für Dich und alle Frostbeulen, zu denen wir uns übrigens auch zählen, ein kleines Dossier mit Tipps und Hilfsmitteln zusammengestellt, mit dessen Hilfe man in Berlin hoffentlich nur noch in einem Fall Gänsehaut bekommt: Und zwar vor Freude, in dieser Stadt zu leben.

Tipps und Tricks zum Wärmen von Leib und Seele

1. Sauna

Schon sechs Monate einmal wöchentlich Schwitzen genügt, um nicht so anfällig für Erkältungen und weniger wetterfühlig zu sein. Besserer Schlaf inklusive. Zum Abnehmen ist die Hitze-Kur trotz diverser Mythen nicht geeignet. Man verliert bloß Wasser, und nach einer großen Apfelschorle ist man genauso schwer wie vorher. Nach jedem Saunagang ist Abkühlen Plicht, sonst bringt es nichts. Im Winter kann man sich anstatt Tauchbecken mit Schnee abreiben, herrlich! Wichtige Sauna-Regel hierzulande „Schwitzen und Schweigen“. Für eine Freundin aus Finnland, dem Mutterland des Saunierens, wurde der Saunabesuch in Deutschland zum Kulturschock. Sie lachte über die Eieruhr an der Wand und über die Akribie, mit der die Saunagäste den Zeitmesser im Blick hielten. In Finnland ist das Saunieren ein sozialer Akt, erzählte sie mir. Man trifft sich, darf reden, bleibt drin, solange man sich wohl fühlt, und auf Partys in der heimischen Sauna fließt auch mal finnischer Wodka. Wir als Redaktion warnen natürlich ausdrücklich vor dem Genuss von Spirituosen in der Sauna. Den Wodka kann man ja auch im Tauchbecken trinken ;)

Probiert doch mal die Sauna-Landschaft im Meridian Spa Berlin aus. Da gibt es sogar eine Plaudersauna!

2. Thermalbad

„Thermal“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet heiß. Schon in der Antike war ein Bad in heißen Quellen beliebt. Wohltuend bei Alltagsstress, Verspannungen und gegen Stimmungstiefs nach einem stressigen Feldzug gegen die Feinde. Durch den hohen Anteil an Mineralien besitzt das Thermalwasser heilende Wirkung. Ein Thermalbad regt durch die erhöhte Wassertemperatur den Stoffwechsel an und fördert die Durchblutung.

Ein Thermal- bzw. Solebad und Behandlungen mit Pflege auf Thalasso-Basis haben die Thermen im Europacenter nahe dem Ku’damm.

3. Hamam

Ein Hamam ist ein orientalisches Bad, in dem Reinigung an erster Stelle steht. Gemeint ist hier die körperliche als auch die seelische Reinigung. Die Raumtemperatur beträgt mindestens 38 Grad Celsius und wird durch eine Fußbodenheizung erzielt. Alles ist herrlich warm, auch die steinernen Liegeflächen. Das Sich-Begießen mit heißem Wasser aus einer metallischen Schale gleicht einer Zeremonie, und auch die Luffa-Massagen sind eine Kunst. Zentrum des Hamam ist das Heißwasserbecken. Nach der eingehenden Körperreinigung steigt man in das Becken und genießt die Wärme. Ein Besuch im Hamam ist gerade in Berlin wärmstens zu empfehlen.

Zum Beispiel das Sultan Hamam, dass es schon seit 1999 gibt.

4. Angora

Angora-Unterwäsche verbinden wir häufig mit Oma und Opa. Sie hat den Ruf, nicht besonders sexy zu sein. Aber der Ruf wird ihr nicht gerecht. Die feine Wolle aus dem Haar des Angorakaninchens kann viel Luft speichern und hält die Wärme. Sie fühlt sich so sanft an, dass man sie immer streicheln möchte. Und jetzt verstehen wir auch, warum Opa die Finger nicht mehr von Oma lassen konnte, wenn der Winter kam. Geheimtipp!

5. Mütze

Den Mythos, dass im Winter bis zu 45% Prozent der Körperwärme über den Kopf verloren gehen, kennt jeder. Er stimmt rechnerisch allerdings nur bedingt. Denn jeder unbedeckte Körperteil verliert Wärme und die Kerntemperatur des Körpers sinkt proportional zur Oberfläche. Aber will man sich dafür nochmal mit Prozentrechnung auseinander setzen müssen, um es  ganz genau zu wissen? Lieber einfach Mütze aufsetzen!

Besonders ausgefallene Mützen (und Hüte) entwirft die Berliner Designerin Rike Feurstein.

6. Füße

Erst ein heißes Fußbad macht Dich nach einem eisigen Tag wieder genießbar. Danach Kuschelsocken an, die nicht kratzen, und ab aufs Sofa mit einem packenden Buch: So weit die Füße tragen, ein Tatsachenroman über die Flucht des Kriegsgefangenen Clemens Forell aus einem sibirischen Lager, der über 14.000 km zu Fuß nach Haus zurücklegt. Gibt es auch als DVD.

7. Soulfood

Starte in den Tag mit einem warmen Frühstück, z.B. Milchreis mit Zucker & Zimt, Porridge oder Hirsebrei mit Honig und Früchten. Warme Hände bis zum Mittagessen garantiert! Trinke heißen Tee aus frischem Ingwer und Honig. Wirkung: Ingwer wärmt, denn seine Energie steigt nach oben und verteilt sich im ganzen Körper – eine Wohltat, wenn Du sehr ausgekühlt bist. Chilis sind bei uns auch als Peperoni oder Pfefferschoten bekannt. Angeblich packte man sich in Japan früher Chili-Schoten in die Socken, um die Füße zu wärmen. Der scharfe Wirkstoff Capsaicin ist die wärmende Kraft. Hühnersuppe ist der Klassiker bei Erkältungen, weil sie schleimlösend wirkt. Warum nicht mal die asiatische Variante, die auch noch mit Gewürzen einheizt? Chilli sind innere Flammenwerfer – z.B. in vietnamesischer Tom Kha Gai Suppe. Hier eine schnell-leckere Variante:

Tom Kha Gai Suppe

300 ml Hühnerbrühe, 1 Dose Kokosmilch, etwas Ingwer in Scheiben, 2 Stängel Zitronengras, 2 Schalotten grob geschnitten, 1 frische Chilischote, 400g Hühnerbrust, 100g Champignons oder Austernpilze, 5 Kaffir-Limettenblätter frisch, 3 EL Limettensaft, etwas Fischsauce, Zucker, Hühnerbrühe zusammen mit der Kokosmilch aufwallen lassen. Zitronengras leicht brechen, damit sich der Geschmack entfaltet und mit Schalotten und Kaffirblättern ca. 5 Minuten leicht darin köcheln lassen. Dann die Hühnerbrust und die Chilischote hinzufügen und sanft weiter köcheln, bis das Fleisch gar ist. Zum Schluss die Pilze zugeben und mit Fischsauce, Limettensaft und Zucker abschmecken.

8. Heartfood

Ihr habt ein Auto ohne Sitzheizung? Es gibt Wärmebezüge, die man mit dem Zigarettenanzünder betreiben kann. Sieht zwar nicht schick aus, aber sie will gar nicht mehr aussteigen, so muckelig ist der Sitz auf einmal. Kauft Euch ein  Wasserbett und stelle es heimlich auf Deiner Seite wärmer ein. Wollen doch mal sehen, wie schnell der andere kuscheln kommt … Oder die Sparvariante: Kauf dir ein Körnerkissen, wärme es ca. 3 Minuten in der Mikrowelle auf und leg es kurz vorm Schlafengehen ins Bett. Auf Deine Seite natürlich! Lasst in Eisnächten die Heizung im Bad auf niedriger Stufe durchlaufen. Wer nachts das stille Örtchen besucht, kommt zurück ins Bett mit warmen (!) Füßen. Massiert Euch gegenseitig mit angewärmtem Öl und wenn Euch jetzt nicht noch andere Dinge einfallen, die das Blut in Wallung bringen, dann: Gute Nacht!      

„Wärme mit Herz“ – Die Berliner Kältenothilfe

” Wärme mit Herz” hilft Obdachlosen in Berlin. Das Projekt entstand über Facebook. Es ist ein Projekt von Mensch zu Mensch, die Helfer kannten sich vorher nicht. Jeder kann mitmachen. Wärme mit Herz betreut seit Weihnachten 2010 in der ersten Wärmestube mehrere feste sowie wechselnde Bewohner. Sobald es kalt wird, starten die freiwilligen Helfer mindestens 5 Mal pro Woche Aktionen und verteilen in U-Bahnhöfen  Essen, Klamotten und Schlafsäcke oder Schlafplätze. Im Sommer kümmert sich Wärme mit Herz um die Bewohner und arbeitet ihre Probleme auf, damit die Spirale ein Ende hat. Bekannte Unterstützerin von „Wärme mit Herz“ ist Nina Hagen. Mach mit – bewege die Stadt mit Herz! Mehr unter www.facebook.com/nothilfe Weitere Helfer gegen die Kälte

  •  DRK-Wärmebus vom 01.11.2012 – 31.03.2013 täglich 21-3 Uhr, 0178 523 58 38
  • Kältebus der Berliner Stadtmission vom 01.11.2012 – 28.02.2013 täglich 18-24 Uhr, 0170 910 00 42

Wenn Ihr jemanden seht, der in der Kälte eingeschlafen ist, könnt Ihr auch die Polizei unter 110 anrufen. 

© Verführer Berlin | Text: Stephanie Schneider, Wolfgang Kittlick | Inspiration & vorbereitendes Material: Karin Hertzer: Nie wieder frieren – die 50 besten Tipps. Trias, Dezember 2009 | Fotos: John Krempl – www.photocase.de (Mütze), djehmfoto – www.fotolia.com (Kaninchen), Wärme mit Herz (Logo), Maren Beßler – www.pixelio.de (Regler)
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