Bis 14.02.2016 läuft im Admiralspalast das Musical “Elisabeth”. Ich habe es mir angeschaut. Dabei bin ich beileibe kein ausgemachter Musical Fan. Aber es hat mir ziemlich gut gefallen. Denn das Musical Elisabeth ist kein kitschig-romantisches Rührstück. Wie man das vermuten könnte, wenn man die Geschichte der österreichischen Kaiserin nur von den “Sissi-Filmen” her kennt …
Es ist ein Drama über das Leben, Leiden und Lieben der Elisabeth Amalie Eugenie von Wittelsbach, genannt Sissi. Mit dem Stoff, aus dem große Dramen sind: Liebe, Macht, Ruhm, Schönheit, Verzweiflung, Mord. Es erzählt die Geschichte entlang einer einzelnen Person der Weltgeschichte – Elisabeth. Geboren 1837 in München, erstochen als österreichische Kaiserin 1898 in Genf. Ihr Schicksal füllt Bücher, Filme, Theaterstücke, Museen und erscheint in verklärt romantisierter Sicht alljährlich auf unseren Bildschirmen. Aber die Wirklichkeit sah anders aus.
Dass Elisabeth einmal das erfolgreichste deutschsprachige Musical werden würde, durfte zur Uraufführung 1992 durch die Vereinigten Bühnen Wien niemand erwarten. Im Gegenteil. Die Presse wehrte sich damals mit gefährlicher Häme gegen diese neue, dunklere Sicht auf die österreichische “Nationalheilige”. Aber es war die Absicht des Autors Michael Kunze, der naiv-herzigen Sissi aus den frühen Kitsch-Filmen das realistischere Bild einer starken, gebildeten, selbstbestimmten Frau entgegenzusetzen, die ihrer Zeit weit voraus war. Dafür schuf er ein funkelnd-verschattetes Drama über die Prinzessin aus Bayern, die mit 16 Jahren den Kaiser von Österreich heiratet, aber nicht lange glücklich bleibt und dem goldenen Käfig des Wiener Hofes bald durch ausgedehnte Reisen entflieht.
Es ist schon ein genialer Kunstgriff des Autors, der schönen kühlen Elisabeth die Figur des Todes an die Seite zu stellen. Der Tod, der sich ab dem Prolog durch beide Akte des Musicals bis hin zum Epilog wie ein roter Faden durch ihr Leben zieht und zu dem sie – in der Interpretation des Musicals – Zeit ihres Lebens eine sehnsuchtsvolle und selbstzerstörerische Liaison pflegt, bevor sie sich ihm schließlich ergibt. Auch ihre Obsessionen wie ihr Sportwahn oder ihre übersteigerten Pflegerituale werden thematisiert.
Die gesangliche Leistung der Hauptdarstellerin Roberta Valentini hat das Publikum am Abend der Wiederaufnahme Première im Admiralspalast umgehauen. Mich persönlich haben zudem die Choreographien der unterschiedlichen Bilder in den Akten beeindruckt. Insgesamt 25 Darsteller mussten choreographiert werden, teilweise in Massenszenen, deren Effekte von skurril (die Caféhausszene mit fahrenden Tischen ähnlich Autoscootern, die alle Kaffeetrinkenden über das Drehen der Tische lenken konnten) bis gruselig (die Zombie gleichen Adeligen, die im Prolog durch unsichtbare Dreh-Elemente wie Geister auf die Bühne glitten) fast alle Gefühlsfacetten ansprachen. Das reduzierte Bühnenbild mit nur wenigen Requisiten, aber dafür einer riesigen LED Wand im Hintergrund, auf der Bilder je nach Atmosphäre oder Örtlichkeit projiziert werden konnten, ließ die gesangliche und schauspielerische Leistung der Darsteller ins Zentrum rücken. Auch die Arbeiten der Kostüm- und Maskenbildner hinterließen bei mir einen bleibenden Eindruck. Und erst das Live-Orchester … Es geht doch nichts über echte Musik! Der Komponist Sylvester Levay schuf eine Symphonik, die mittlerweile an die zehn Millionen Zuschauer in aller Welt erreichte. Heute ist das Musical in sechs Sprachen übersetzt, auch ins Japanische und Koreanische.
Oft verlieren Musicals mit den Jahren ihren Zauber. Werden geschätzt nur noch wegen ihres musealen Wertes. Nicht dieses. Elisabeth wurde nach der Uraufführung nicht als unveränderlich „eingefroren“ wie Broadway-Stücke. Es hält sich frisch durch stete Veränderung, wurde 2008 von Harry Kupfer und
dem Bühnenbildner Hans Schavernoch neu inszeniert. Auch Szenen und Lieder veränderten oder ergänzten die Autoren im Laufe der Jahre. Ein für die japanische Fassung geschriebenes “Rondo des Todes” wurde jetzt auch in die deutschsprachige Inszenierung aufgenommen. Überhaupt erscheint die heutige Fassung durch raffinierten Licht- und Hightech-Einsatz moderner als am Anfang und hält Spannung bis zum letzten Moment.
Wer sich für Musicals begeistert (aber auch ein Skeptiker wie ich) sollte die Chance nutzen und sich das bis heute weltweit erfolgreichste deutschsprachige Musical in Berlin ansehen.
Noch bis 14.02.2016 im Admiralspalast!
Eintrittskarten erhaltet ihr an allen bekannten Vorverkaufsstellen. Oder telefonisch unter der Semmel Concerts (Ticket-Hotline 01806/ 57 00 99 — 20 Cent/Anruf, Mobilfunk 60 Cent/Anruf)10 und im Internet unter www.semmel.de
Bleibt verführerisch,
Stephanie
PS: ab 18.02. bis 27.03.2016 in Hamburg!
Fotos: Bild Nr. 1 Elisabeth und der Tod: Alte Oper Frankfurt Wonge-Bergmann / alle übrigen Fotos: Labelle – Juliane Bischoff